Beton, der Universalbaustoff des Industriezeitalters, steht vor neuen Herausforderungen: Die weltweit steigende Nachfrage nach primären mineralischen Rohstoffen wirkt als Preistreiber. Und auch im Bausektor sind Umweltverträglichkeit, Klimaschutz und CO2-Emissionen zu wichtigen Marktfaktoren geworden. Der Universalbaustoff der Zukunft muss nachhaltig sein. Eine hochinnovative Antwort auf diese Herausforderung präsentiert jetzt der Betonfertigteilhersteller Büscher aus dem münsterländischen Heek: Hochwertige Betonfertigteile aus recyceltem Beton. Als bislang einziges Unternehmen in Deutschland hat Büscher im Juni 2021 die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBT Berlin) für Betonfertigteile aus Recyclingbeton mit 100 Prozent Natursteinersatz erhalten. Bei den Fertigteilen der „Büscher-Mauer“ werden die Rohstoffe Kies und Sand vollständig durch gemischtes Abbruchmaterial ersetzt. Wie viel mehr Zukunftspotenzial in der Büscher-Mauer steckt, demonstriert der Hersteller derzeit mit dem Bau eines Dreifamilienhauses.
„Laut einer Studie des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden fallen in Deutschland jährlich mehr als 250 Millionen Tonnen Abbruchmaterial an“, beschreibt Geschäftsführer Hans-Jürgen Büscher die Herausforderung. „Dennoch wird Bauschutt bisher meist als Füllmaterial im Straßen- und Tiefbau verwendet oder er landet auf der Deponie. Vor allem in den Ballungsräumen, aber auch in Nordbayern, wissen die Städte kaum, was sie mit den wachsenden Mengen anfangen sollen.“ Warum also nicht Bauschutt recyceln und nicht nur teilweise, sondern zu 100 Prozent als Ersatz für Primärrohstoffe in der Betonherstellung verwenden?
Aufgrund der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung darf Büscher für seine Betonfertigteile aus Recyclingbeton in den Expositionsklassen XC1 und X0 (trocken) bis zu 100 Prozent rezyklierte Gesteinskörnungen einschließlich Brechsanden ähnlich Typ 3 einsetzen. Nach der bisher geltenden Norm ist für gemischtes Abbruchmaterial nur ein grober Rezyklatgehalt von maximal 45 Prozent für Gesteinskörnung des Typs 1 und bis zu 35 Prozent für Gesteinskörnung des Typs 2 zulässig.
Laut einer Ökobilanzstudie erzielt die Büscher Unternehmensgruppe in Heek allein durch den ausschließlichen Einsatz von rezykliertem Material als Ersatz für die Gesteinskörnung eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 13 Prozent. Damit leistet die „Büscher-Mauer“ schon bei ihrer Herstellung einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz.
Die Einsatzmöglichkeiten der Büscherwand“ aus Recyclingbeton mit 100 Prozent Natursteinersatz sind vielfältig. Die Heeker Unternehmensgruppe darf aus diesem Material tragende und nicht tragende Innenwandelemente bis zur Gebäudeklasse 4 bauen. Dabei sind Wandlängen von bis zu 11 Metern und Wandhöhen von bis zu 3,70 Metern möglich.
Bauschutt wird zum nachhaltigen Baumaterial
Die Büscher Unternehmensgruppe entstand ab 1961 mit der Gründung des Betonwerkes. Dort stellt das Unternehmen Betonfertigteile aller Art her. Im Schwesterunternehmen Containerdienst Büscher beschäftigt sich die Unternehmensgruppe mit der Entsorgung und Aufbereitung von Bauschutt. Seit den 1990er Jahren forscht die Unternehmensgruppe um die beiden Geschäftsführer Hans-Jürgen und Wolfgang Büscher und ihr Mitarbeiterteam an innovativen Technologien und Baustoffen im Hinblick auf nachhaltige Wertschöpfungsketten. Die Idee: das Abfallprodukt Bauschutt zu einem wirtschaftlich attraktiven Wertstoff aufzuwerten. Sein Einsatz in der Produktion von vorgefertigten Bauteilen kann Beton zu einem nachhaltigen Baustoff des 21. Jahrhunderts machen.
Jahrhunderts werden. „Das ist einzigartig und ein großer Schritt in die Kreislaufwirtschaft“, sagt Wolfgang Büscher. Die Unternehmensgruppe „lebt“ diese Kreislaufwirtschaft auch selbst, gemäß ihrem Slogan „Büscher – Zurück in die Zukunft“. Das Schwesterunternehmen des Betonfertigteilwerks, der Containerdienst Büscher, spielt dabei eine wichtige Rolle. Er stellt die Transportmittel für die Anlieferung des Bauschutts zur Verfügung und übernimmt die fachgerechte Aufbereitung des Abbruchmaterials auf dem Firmengelände. Es wird sortiert, gesiebt, veredelt und so zu einem nachhaltigen Rohstoff für die Bauindustrie recycelt. Das spezielle, zertifizierte Produktionsverfahren gewährleistet eine gleichbleibend hohe Qualität des Recyclingmaterials. Im Büscher Betonwerk werden diese recycelten Rohstoffe dann zu hochwertigen Innenwandelementen verarbeitet.
Die Umsetzung dieser Idee erfordert hohe Standards sowohl bei der Aufbereitung des Bauschutts als auch bei der Herstellung der Betonbauteile. In rund achtjähriger Forschungsarbeit hat die Büscher Unternehmensgruppe viel Geld investiert, um diese Standards zu entwickeln und ihre Praxistauglichkeit in Bezug auf Qualität und Wirtschaftlichkeit zu beweisen. Unter anderem mussten die Verarbeitbarkeit des Rezyklats sowie die Druckfestigkeit und Oberflächenqualität des fertigen Produkts nachgewiesen werden. Neben eigenen Experten arbeitete das mittelständische Unternehmen aus dem Münsterland auch mit Betontechnologen verschiedener Universitäten zusammen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) förderte das Projekt mit 250.000 Euro.
Inzwischen wurde der mittelständische Hersteller von Betonfertigteilen für diese Forschungstätigkeit mehrfach ausgezeichnet, unter anderem zweimal mit dem Gütesiegel „Innovativ durch Forschung“ des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Im Jahr 2019 setzte sich die Büscher-Gruppe im Wettbewerb um Deutschlands wichtigsten Wirtschaftspreis gegen 5399 Mitbewerber durch. Die Oskar-Patzelt-Stiftung belohnte das Engagement des Heeker Unternehmens für nachhaltiges Wirtschaften mit dem „Großen Preis des Mittelstands“.
Mehrfamilienhaus als Referenzobjekt
Jetzt beweist die „Büscherwand“ aus 100 Prozent recyceltem Sand und Stein das Potenzial des neuen Baustoffs in einem Praxisprojekt. In Heek entsteht das erste Recyclinghaus seiner Art mit streichfertigen Fertigteilen aus Recyclingbeton mit 100 Prozent Natursteinersatz. Das Bauvorhaben soll ein „echtes Referenzobjekt für innovative Gebäudetechnik“ werden und im Dezember 2022 fertiggestellt sein. Während der Einsatz von Betonfertigteilen im Wohnungsbau bisher als Ausnahme galt, soll der Einsatz von Elementen aus Recyclingbeton nun beweisen, dass mit der Büscher-Wand „auch individuelles Bauen auf nachhaltige Weise möglich ist“.
Elementares Bauen mit recycelten Rohstoffen, das ist die „Büscher-Wand“. Mit ihrem Referenzprojekt wollen Hans-Jürgen und Wolfgang Büscher nun vor allem die Bauwirtschaft überzeugen. Die Baubranche ist eher konservativ, wenn es um neue Produktionsverfahren und Produkte geht. Umso wichtiger ist es für die beiden Brüder, jetzt möglichst viele Architekten, Kommunen, Bauherren und mögliche Partner aus der Bauwirtschaft auf die Vorteile der Büscher-Wand“ aufmerksam zu machen. Alle Interessenten sollen sich von den Einsatzmöglichkeiten und Vorteilen der Büscherwand“ am praktischen Objekt überzeugen können. Mit der Vergabe von Lizenzen will die Büscher Unternehmensgruppe den überregionalen Einsatz ihrer Fertigteiltechnologie fördern. Interessierte Unternehmen können unter [email protected] weitere Informationen anfordern.
Überzeugende Argumente für die „Büscher-Mauer“ gibt es nach Ansicht von Hans-Jürgen und Wolfgang Büscher genug. Schließlich lösen die recycelten Wandelemente gleich mehrere Probleme: Sie ersparen den Einkauf und Transport knapper und teurer Rohstoffe wie Sand und Kies. Es bietet eine wirklich nachhaltige Wiederverwendung des Abbruchmaterials, das in immer größeren Mengen den Markt überschwemmt. Büscher rechnet vor, dass rund 200 Tonnen recycelter Bauschutt für den Bau eines Einfamilienhauses verwendet werden können. Schließlich kann der Einsatz von Betonfertigteilen, die nach Kundenwunsch digital geplant, rationell und ressourceneffizient im Werk produziert und lackierfertig geliefert werden, die Bauzeit ganz erheblich verkürzen.
Wirtschaftlicher Ersatz für Primärrohstoffe
„Unser Ziel ist es, die beim Abriss von Altbauten anfallenden Bau- und Abbruchabfälle in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen und damit als Rohstoff im Sinne des Urban Mining zu nutzen, um natürliche Ressourcen zu schonen“, so die beiden Geschäftsführer. Durch die komplexe Aufbereitung und Wiederverwendung in der Betonproduktion wird das Abbruchmaterial zu einem nachhaltigen und wirtschaftlichen Ersatz für Primärrohstoffe. Wurde Hans-Jürgen Büscher in der Vergangenheit für diese Vision manchmal belächelt, so sieht er sich nun durch die Ergebnisse der jahrelangen Entwicklungsarbeit und die DIBt-Zulassung eindrucksvoll bestätigt: „Mit unserem Verfahren können Betonfertigteile mit 100 Prozent Natursteinersatz hergestellt werden“. Es müssen nur noch Wasser, Zement und die für die jeweilige Rezeptur erforderlichen Zusatzstoffe zugegeben werden. „Das gesamte Bauteil besteht dann zu 80 Prozent aus recycelten Materialien. Dieser hohe Anteil ist einmalig.“